Führung im Wandel: Transformationsprozesse begleiten

Führung im Wandel: Transformationsprozesse begleiten

Transformationsprozesse begleiten

Wie kann es dir als Führungskraft gelingen, Transformationsprozesse wirksam zu begleiten und Veränderungen wirklich möglich zu machen? Und was bedeutet überhaupt eine „gute“ Begleitung? Antworten auf diese Fragen findest du in diesem Beitrag.

Gerade in Strukturen, in denen Beständigkeit einen hohen Stellenwert hat – etwa in der öffentlichen Verwaltung – ist es eine besondere Herausforderung, Menschen für Veränderung zu gewinnen und sie darin zu unterstützen, veränderungsbereiter zu werden.

In diesem Beitrag stelle ich dir einen Werte-Kompass vor, der dir Orientierung im Wandel geben kann. Er beschreibt die, meiner Meinung nach, wichtigsten Werte und Haltungen, die Veränderungsprozesse erleichtern und menschlich gestalten. Die Liste ist nicht vollständig. Sie soll Dich einladen, deinen eigenen Kompass weiter zu schärfen und bewusst zu prüfen, welche inneren Haltungen dich in deiner Führungsrolle stärken und welche du möglicherweise noch entwickeln möchtest.

Der Mensch im Mittelpunkt

Für mich ist die Grundlage jedes Veränderungsprozesses, dass der Mensch dabei im Mittelpunkt steht. Dies bedeutet für mich, dass wir ihn in seinen Bedürfnissen und Emotionen ernst nehmen und akzeptieren und berücksichtigen, dass die Reaktion auf geplante Veränderungen sehr verschieden sind.

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Das Riemann-Thomann-Modell zeigt dies ganz gut. Das Riemann-Thomann-Modell ist ein psychologisches Persönlichkeitsmodell, das menschliches Verhalten durch vier Grundausrichtungen erklärt: Nähe, Distanz, Dauer und Wechsel, basierend auf den Arbeiten von Fritz Riemann und Christoph Thomann. Es hilft, die eigenen Bedürfnisse, die von anderen und daraus resultierende Konflikte zu verstehen, indem es zeigt, wie Menschen zwischen diesen Polen balancieren.

So sehr wir es uns manchmal wünschen, dass es einen konkreten Fahrplan für Führungskräfte gibt, jedoch ist die Reaktion auf geplante Transformationen individuell. Es kommt dabei auf den Menschen, auf das System, in dem er sich aktuell befindet und auf die Art und Weise der Kommunikation, die vor allem in Bezug auf die Veränderung von Seiten der Veränderungsinitiatoren betrieben wird, an.

Werte im Wandel

Hilfreich in der Begleitung von Transformationsvorhaben ist oftmals ein humanistisch geprägter Werte-Kompass, der Kommunikation und Maßnahmen im Wandel prägt. Bestenfalls greift er zudem auf die Erkenntnisse der Resilienzforschung zurück, so dass Führungskräfte die Resilienz – die psychische Widerstandsfähigkeit gegenüber Veränderung und Krisen – ihrer Mitarbeitenden positiv beeinflussen können.

Resilienzfaktoren

Sinn, Ziel-, und Zukunftsorientierung

Ganz gleich, welche Veränderung umgesetzt werden soll, das Ziel sollte immer bekannt sein. Möchte man die Art der Zusammenarbeit verändern, neue Software einführen, Abteilungen auflösen oder zusammenführen, sollte zunächst das Ziel und die damit verbundene Vision kommuniziert werden.

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Ähnlich wie bei einem Marathon ist ein klares Zukunftsbild entscheidend, um Belastungen durchzuhalten. Kein Läufer würde die körperlichen und mentalen Strapazen eines Marathons bewältigen, ohne die Ziellinie vor Augen zu haben. Das Ziel gibt Orientierung, Sinn und Durchhaltevermögen – besonders dann, wenn es anstrengend wird. Genauso benötigen Menschen in Veränderungsprozessen ein klares Bild davon, wohin die Reise geht. Erst dadurch entsteht die mentale Kraft, Herausforderungen resilient zu meistern und langfristig engagiert zu bleiben.

Fragen, die jede:r jederzeit im Veränderungsprozess beantworten können sollte:

  • Warum ist die Veränderung notwendig? (Vergangenheitsorientierung)
  • Wozu dient die Veränderung? (Zukunftsorientierung)
  • Was soll/darf und kann danach anders sein als zuvor?
  • Wie wird dieser Weg gestaltet?
  • Welche Einflussfaktoren sind bekannt, welche noch unbekannt?

Alles, was danach an kommunikativen und anderen Maßnahmen erfolgt, ist auf den jeweiligen Veränderungskontext abzustimmen.

Partizipation und sozialer Zusammenhalt

Was es Menschen häufig erleichtert, einer Veränderung zuzustimmen, ist die Möglichkeit der Partizipation. Also nicht das „vor vollendete Tatsachen“ stellen, sondern Angebote des Ausprobierens und der Mitgestaltung ermöglichen, soweit das Veränderungsprojekt dies zulässt. Dies stärkt das Zugehörigkeitsgefühl und zudem auch das Spüren der Selbstwirksamkeit: „Die Veränderung geschieht nicht nur, sondern ich bin ein Teil von ihr, kann etwas beitragen und Einfluss nehmen.“ Neben dem Resilienzfaktor des stabilen sozialen Netzes erfüllt die Partizipation auch noch das psychologische Grundbedürfnis der Kontrolle.

Akzeptanz

Neben der Akzeptanz der anstehenden Veränderungen, insbesondere dann, wenn andere die Entscheidung für diese getroffen haben, geht es in diesem Absatz auch um die Akzeptanz jeglicher Reaktionen und vor allem Emotionen der Beteiligten. Wie oben bereits erwähnt, tragen Menschen aufgrund ihrer Persönlichkeit und auch ihrer Erfahrungen unterschiedliche Bedürfnisse in sich.

Als Führungskraft wirst du nicht vermeiden können, dass einige Deiner Mitarbeitenden mit Widerstand auf geplante Veränderung reagieren. Diesen anzunehmen und den aufkommenden Emotionen Raum zu geben, unterstützt häufig die Beteiligung der Mitarbeitenden. Auch hier verbirgt sich ein psychologisches Grundbedürfnis: Das Bedürfnis nach Anerkennung und Bestätigung. Menschen wollen gesehen und akzeptiert werden.

Dennoch ist es auch denkbar, dass weitreichende Veränderungen zur Folge haben, dass bisherige Mitarbeiter/innen nicht mehr in das zukünftige System passen. Ich bin der Überzeugung, dass hier Offenheit, Transparenz und miteinander auf Augenhöhe im Gespräch sein, hilft, um im Guten auseinander zu gehen und eine Zusammenarbeit in der Zukunft wieder oder dann möglich werden kann.

Empathie

Ein weiterer entscheidender Einflussfaktor in der Begleitung von Transformationsvorhaben ist Empathie – ergänzt durch Achtsamkeit. Beide Fähigkeiten unterstützen dich als Führungskraft dabei, präsent zu bleiben und die unterschiedlichen Wahrnehmungen und inneren Bewegungen der Beteiligten bewusst aufzunehmen. Während Empathie dir ermöglicht, dich in die Lage anderer hineinzuversetzen und ihre Perspektiven nachzuvollziehen, hilft dir Achtsamkeit, aufmerksam zu beobachten, zuzuhören und feine Signale nicht zu übersehen.

So entsteht ein Klima, in dem sich Menschen sicher fühlen, ihre Gedanken und Fragen offen zu äußern – auch dann, wenn sie selbst noch unsicher sind oder die Veränderung erst einordnen müssen. Diese Haltung stärkt das Vertrauen in den Prozess und in dich als Begleitende:n. Wenn andere spüren, dass du wirklich zuhörst und ihre Sicht ernst nimmst, wächst ihre Bereitschaft, sich auf neue Wege einzulassen und den Prozess aktiv mitzugehen. Empathie und Achtsamkeit schaffen damit eine wertvolle Grundlage für Orientierung, psychologische Sicherheit und konstruktive Zusammenarbeit in herausfordernden Phasen der Transformation.

Flexibilität: Mit Überraschungen ist zu rechnen.

Veränderungsprozesse – ebenso wie die menschlichen Reaktionen darauf – lassen sich nie vollständig durchplanen. Unerwartete Wendungen, emotionale Dynamiken oder neue Rahmenbedingungen gehören zum Alltag jeder Transformation. Gerade deshalb besteht für viele Veränderungsinitiator:innen und Führungskräfte die Herausforderung darin, auch in turbulenten Phasen eine menschliche und werteorientierte Haltung zu bewahren. Damit meine ich die innere Ausrichtung, auf deren Basis Veränderung gestaltet und begleitet wird. Besonders in Momenten der Überraschung oder Irritation ist es anspruchsvoll, nicht automatisch oder impulsiv zu reagieren. Hier braucht es Selbstreflexionsfähigkeit: die Fähigkeit, innezuhalten, das eigene Erleben zu betrachten und sich bewusst wieder am eigenen Werte-Kompass auszurichten. Diese innere Klarheit ist entscheidend, um auch unter Druck authentisch, verlässlich und verantwortungsvoll zu führen und so den Menschen im Veränderungsprozess Orientierung und Sicherheit zu geben.

Zuversicht

Zu den zentralen Resilienzfaktoren gehört die Fähigkeit, das sprichwörtlich „volle Glas“ zu sehen. Eine zuversichtliche Grundhaltung – also die Überzeugung, dass auch turbulente Phasen einer Veränderung in eine positive Entwicklung münden können – stärkt die psychische Widerstandsfähigkeit aller Beteiligten. Zuversicht bedeutet nicht, Schwierigkeiten zu verdrängen oder Schönfärberei zu betreiben. Vielmehr geht es darum, Herausforderungen realistisch wahrzunehmen und gleichzeitig darauf zu vertrauen, dass Lösungen gefunden werden können. Diese Haltung wirkt stabilisierend, fördert Mut und Handlungsfähigkeit und unterstützt Teams und Führungskräfte dabei, auch in belastenden Veränderungssituationen handlungsfähig zu bleiben.

Experimentierfreude und Mut

Veränderungen entstehen selten durch große Sprünge, sondern meist durch viele kleine Schritte. Es braucht die Bereitschaft, Neues auszuprobieren und sich behutsam an ungewohnte Situationen heranzuwagen. Experimentierfreude bedeutet, Erfahrungen zu sammeln, aus ihnen zu lernen und anschließend bewusst zu entscheiden, wie es weitergeht – entweder indem du einen begonnenen Weg vertiefst oder indem du einen neuen Pfad erkundest. Mut unterstützt dich dabei, diese Schritte trotz Unsicherheit zu gehen und Veränderung als gestaltbaren Prozess zu begreifen.

Offenheit

In der Achtsamkeit sprechen wir vom Anfängergeist – dem neugierigen Blick eines Kindes, das unvoreingenommen auf Neues schaut. Für Dich als Führungskraft bedeutet Offenheit, genau diesen inneren Raum bewusst zu kultivieren: offen zu bleiben für neue Perspektiven, für ungewohnte Ideen und für Impulse, die nicht aus deinem eigenen Denken stammen. Dein eigenes Vorleben von Offenheit wirkt unmittelbar auf Dein Team. Wenn Du bei anstehenden Veränderungen nicht sofort in das innere „Aber“ gehst, sondern zuerst erkundest, welche Chancen, Möglichkeiten und auch welche Herausforderungen sich hinter einer Neuerung verbergen könnten, ermutigst Du auch Deine Mitarbeitenden zu dieser Haltung.

So entsteht ein Klima, in dem Fragen willkommen sind, in dem Neugier als Stärke gilt und in dem Innovation wahrscheinlicher wird. Offenheit wird damit zu einem Führungsinstrument: Du hältst den Raum weit, in dem andere sich trauen, eigene Perspektiven einzubringen, auszuprobieren und gemeinsam neue Wege zu denken.

Geduld und Fehlerfreundlichkeit

Veränderung geschieht selten auf Knopfdruck. Auch als Führungskraft kannst du nicht erwarten, dass dein Team von heute auf morgen neue Werte lebt, plötzlich agil arbeitet oder komplexe Umstrukturierungen sofort greifen. Wirkliche Veränderung braucht Zeit – und deine Geduld. Ebenso wichtig ist eine Haltung der Fehlerfreundlichkeit. Wenn du dein Team ermutigst, Neues auszuprobieren, gehört es dazu, dass nicht jeder Schritt sofort gelingt. Fehler sind kein Rückschritt, sondern Lernmaterial – für jede einzelne Person und für die gesamte Organisation. Indem du gelassen bleibst, Fehler offen besprichst und daraus gemeinsam Erkenntnisse ziehst, förderst du psychologische Sicherheit und machst Weiterentwicklung erst möglich. Dietrich Bonhoeffer bringt es auf den Punkt:

„Den größten Fehler, den man machen kann, ist, immer Angst zu haben, einen Fehler zu machen.“

Resümee: Führung im Wandel

Erfolgreiche Transformationsprozesse gelingen dann, wenn du als Führungskraft den Menschen in den Mittelpunkt stellst – mit seinen Bedürfnissen, Emotionen und sehr individuellen Reaktionen auf Veränderung. Modelle wie das Riemann-Thomann-Modell helfen dabei, diese Unterschiedlichkeit besser zu verstehen und einzuordnen. Doch entscheidend bleibt deine Haltung: Ein werteorientierter Führungsstil, der auf Empathie, Achtsamkeit, Offenheit und echter Beteiligung basiert, bildet das Fundament jeder gelingenden Veränderung.

Resilienzfaktoren wie Ziel- und Zukunftsorientierung, Partizipation, Akzeptanz, Zuversicht, Flexibilität, Experimentierfreude, Fehlerfreundlichkeit und ein achtsamer Umgang mit Überraschungen stärken dich und dein Team gleichermaßen. Sie geben Orientierung, schaffen psychologische Sicherheit und fördern die Bereitschaft, sich auf Neues einzulassen.

Vielleicht fällt dir beim Lesen auf, dass dieser Werte-Kompass nicht nur in Transformationsvorhaben hilfreich ist, sondern jede Form von Zusammenarbeit – beruflich wie privat – spürbar verbessert. Gerade in Transformationsvorhaben, die für viele Menschen Stress bedeuten, ist es wichtiger denn je, dich bewusst daran auszurichten. So ermöglichst du nicht nur die geplante Veränderung, sondern schaffst auch ein Umfeld, in dem gegenseitige Unterstützung, Lernen und gemeinsames Wachstum selbstverständlich werden.

Zusammengefasst:

Du kannst Veränderung nicht erzwingen – aber du kannst die Bedingungen schaffen, unter denen sie möglich, menschlich und wirksam wird.

Indem du Haltung zeigst, Orientierung gibst und die richtigen Rahmenbedingungen förderst, begleitest du dein Team durch den Wandel und stärkst gleichzeitig seine Fähigkeit, zukünftige Veränderungen resilient zu meistern.

Welches sind deiner Meinung nach die entscheidenden Faktoren, um Transformationsprozesse wirksam zu gestalten und gut zu begleiten? Welche Erfahrungen hast du selbst als Führungskraft oder als Beteiligte:r in Veränderungsprozessen gemacht – ob als Initiator:in, als Agent:in des Wandels oder als von Veränderungen betroffene Person? Ich freu mich auf Deinen Kommentar oder Deine Nachricht.

Und wenn du deinen eigenen oder Euren Team-Werte-Kompass weiter schärfen oder einzelne Themen vertiefen möchtest: Ich begleite dich gern als Systemische Coach auf diesem Weg.

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